Blick entlang der Radschnellverbindung Frankfurt-Darmstadt südlich von Erzhausen

Nutzung von Radinfrastruktur mit S-Pedelecs am Beispiel der Radschnellverbindung Frankfurt-Darmstadt (Wissenschaftliche Begleitung)

Auf der Radschnellverbindung Frankfurt-Darmstadt starten das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum (HMWVW) und das Regierungspräsidium Darmstadt ab Mitte Mai einen vorerst auf ein Jahr beschränkten Verkehrsversuch.

Während des Versuchszeitraums darf der bislang fertig gestellte Abschnitt zwischen Langen und Darmstadt-Nord auch von sogenannten „S-Pedelecs“ genutzt werden. „S-Pedelecs“ sehen zwar aus wie herkömmliche Pedelecs, fallen aber unter die Kategorie der versicherungs- und kennzeichenpflichtigen „Kleinkrafträder“ und dürfen generell nicht auf Radwegen fahren. „S-Pedelecs“ verfügen wie normale Pedelecs über eine elektrische Tretunterstützung, die jedoch nicht bei 25 km/h, sondern erst bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h abschaltet.

Mit dem Verkehrsversuch soll mit wissenschaftlicher Begleitung durch die Hochschule Darmstadt ergebnisoffen untersucht werden, ob ausgewählte Strecken wie beispielsweise Radschnellverbindungen auch für die Nutzung durch „S-Pedelecs“ geeignet sein könnten.

Der Verkehrsversuch und die wissenschaftliche Begleitung werden vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum finanziert.

Die Unterschiede zwischen Pedelec, S-Pedelec und E-Bike sind in einem Faltblatt des BMDV knapp zusammengefasst.

Befürworter argumentieren, dass „S-Pedelecs“ nur kurzfristig und unter maximaler Anstrengung eine Spitzengeschwindigkeit von 45 km/h erreichen können und eher im durchschnittlichen Geschwindigkeitsniveau von Rennrädern anzusiedeln sind. Gleichzeitig wird dem „S-Pedelec“ ein großes Potential zugeschrieben, insbesondere auf längeren Alltags-Strecken eine Alternative zum Auto sein zu können.

Demgegenüber stellt sich die Frage der Verkehrssicherheit, unter anderem aufgrund der großen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen langsamen Radfahrenden und „S-Pedelec“-Nutzenden. Der Bundesgesetzgeber hat daher aufgrund der durch elektrische Tretunterstützung möglichen hohen Fahrgeschwindigkeiten von „S-Pedelecs“ von bis zu 45 km/h diese bewusst den Krafträdern zugeordnet und eine generelle Freigabe für Radwege nicht gesetzlich festgeschrieben.

Bislang sind S-Pedelecs ein Nischenprodukt. Der Marktanteil von „S-Pedelecs“ unter allen verkauften Fahrrädern liegt bei unter 1%. Die Fahrrad-Industrie erklärt dies auch mit dem prinzipiellen Nutzungsverbot von Radwegen, was dazu führt, dass „S-Pedelecs“ auch außerorts auf Landstraßen mit dem Kfz-Verkehr auf der Fahrbahn fahren müssen, selbst wenn ein straßenbegleitender Radweg vorhanden ist.

Im Verkehrsversuch soll untersucht werden, mit welchen Geschwindigkeiten die unterschiedlichen Nutzergruppen auf der Radschnellverbindung unterwegs sind und welche Auswirkungen sich durch die Freigabe für „S-Pedelecs“ ergeben. Dazu finden bereits in den Wochen vor dem Start des Verkehrsversuchs vor Ort Messungen statt. So lange die Zusatzbeschilderung „S-Pedelecs frei“ noch nicht montiert sind, bleibt daher die Nutzung der Radschnellverbindung für „S-Pedelecs“ konsequent untersagt.

Die wissenschaftliche Untersuchung umfasst neben der technischen Erfassung von Geschwindigkeiten und Beobachtungen zur Verkehrssicherheit auch Vor-Ort-Befragungen und Interviews. Mit ersten Ergebnissen aus der wissenschaftlichen Begleitung des Verkehrsversuchs ist im Frühjahr 2025 zu rechnen.

Das Ministerium und das Regierungspräsidium behalten sich zudem vor, den Verkehrsversuch auch früher zu beenden, wenn dies aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich sein sollte.

Wie lange und wo läuft der Verkehrsversuch?

Der Verkehrsversuch beginnt Mitte Mai 2024 und läuft für ein Jahr. Er erstreckt sich auf den gesamten bislang fertig gestellten Bereich der Radschnellverbindung Frankfurt-Darmstadt, also von Langen bis Darmstadt-Arheilgen. Vor Ort wird dies durch die Zusatzbeschilderung „S-Pedelecs frei“ geregelt. Durch diese wird verkehrsrechtlich ermöglicht, mit S-Pedelecs von Langen bis Darmstadt auf der Radschnellverbindung zu fahren.

Was ist eine Radschnellverbindung und wer darf dort fahren?

Radschnellverbindungen (RSV) sind Verbindungen im Radverkehrsnetz, die den Zweck haben, bedeutende Quelle-Ziel-Potenziale des Alltagsradverkehrs zu erschließen. Dies wird durch qualitativ hochwertige, also breite und möglichst von anderen Verkehrsarten (Kfz-Verkehr, Fußverkehr) getrennte und an Knotenpunkten bevorrechtigt geführte Radverkehrsanlagen erreicht. Eine RSV beschreibt damit den Zweck der Radroute.

Wer auf ihr fahren darf, hängt von der Führungsform des Radverkehrs ab. Auf der Radschnellverbindung Frankfurt-Darmstadt sind viele Führungsformen anzutreffen. Große Teile der Strecke sind als (baulich getrennte) Radwege oder Fahrradstraßen ausgewiesen. Hier dürfen nur Fahrräder fahren, sofern Zusatzzeichen keine anderen Fahrzeuge zulassen. Auch S-Pedelecs dürfen hier nur fahren, wenn es durch Zusatzzeichen "S-Pedelec frei" ausdrücklich erlaubt ist.

Sie können sich auch über weitere geplante Radschnellverbindungen in Hessen informieren. Daran lässt sich auch ersehen, weshalb der Verkehrsversuch große Bedeutung hat.

Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung werden Verkehrsbeobachtungen und Befragungen durchgeführt, sowie das Unfallgeschehen genau beobachtet. Für ein aussagekräftiges Ergebnis werden Untersuchungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten vor und während des Verkehrsversuchs durchgeführt. So ist es möglich, sowohl positive als auch negative Veränderungen zu ermitteln und Empfehlungen für eine Optimierung ableiten zu können.

Für Verkehrszählungen und Beobachtungen werden datenschutzkonforme Videoerhebungen durchgeführt. Personenbezogene Daten, wie Gesichter oder Nummernschilder können durch die stark verpixelten Aufnahmen nicht erkannt werden.

Zusätzlich werden Seitenradargeräte eingesetzt, welche die Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmenden und die Anzahl der Fahrzeuge erfassen. Dies dient u.a. dazu, Veränderungen der Geschwindigkeitsverteilung zu erkennen.

Für die Untersuchungen wurden Stellen ausgewählt, bei denen es möglicherweise zu Konflikten zwischen S-Pedelecs und anderen Verkehrsteilnehmenden kommen könnte (z. B. Engstellen, unübersichtliche Kurvenbereiche, Schnellfahrstellen).

Die Rohdaten werden nur von der Hochschule Darmstadt genutzt und nach Abschluss des Projekts gelöscht. Daten werden nur in aggregierter und aufbereiteter Form Dritten zugänglich gemacht. Personenbezogene Daten werden an keiner Stelle erhoben oder genutzt.

Ergänzend werden im Sommer 2024 noch Befragungen vor Ort und online durchgeführt. Genauere Informationen dazu werden noch folgen.

Wenn Sie das Projekt unterstützen möchten, freuen wir uns über Teilnahme an unserer Befragung, die für den Sommer vorgesehen ist (Informationen folgen voraussichtlich im Juni). Die Befragung richtet sich an alle, die regelmäßig auf der Radschnellverbindung unterwegs sind, egal mit welchem Verkehrsmittel.

Haben Sie Fragen zum Projekt oder möchten uns bereits jetzt etwas mitteilen, können Sie sich gerne per E-Mail an die Mitarbeitenden der Hochschule wenden.