Julian Lühe wird Vize – Europameister in der Wettbewerbsdisziplin "Digital Construction"

Vize–Europameister Julian Lühe (links) und Bundestrainer Dill Khan (rechts)

Julian Lühe wird Vize – Europameister in der Wettbewerbsdisziplin "Digital Construction"

Links Vize – Europameister Julian Lühe Rechts Bundestrainer Dill Khan

Die EuroSkills in Danzig fanden vom 6. bis 8. September 2023 auf fachlich höchstem Niveau statt und verlangten den 576 Wettkampfteilnehmern aus 32 europäischen Nationen alles ab. Die Europameisterschaft der Berufe fand erstmals in Polen statt und setzte damit gleichzeitig ein starkes Zeichen für den europäischen Frieden. 

EuroSkills 2023 Gdansk – Europameisterschaft der Berufe

Die Deutsche Berufe-Nationalmannschaft holt bei der EM der Berufe in Danzig 5x Gold, 9x Silber, 1x Bronze und 8x Exzellenzmedaillen. Damit hat das Team Germany sein bestes deutsches Ergebnis bei einer Europameisterschaft erreicht und stellt damit das hohe Niveau der beruflichen Bildung in Deutschland unter Beweis.   

 

Unter den Siegern ist auch Julian Lühe aus Hessen (Stockstadt am Rhein). Er ist Vize-Europameister in der Wettbewerbsdisziplin Digital Construction geworden und studiert an der Hochschule Darmstadt Bauingenieurwesen. „Ich bin stolz darauf, den zweiten Platz erreicht zu haben und mich im Wettbewerb mit anderen Teilnehmern*innen aus den verschiedensten Nationen gemessen zu haben. Die Silbermedaille zeigt das hohe Niveau der Aus- und Weiterbildung, die wir genießen durften“, sagt Julian Lühe.  

 

Die Teilnehmer*innen haben drei Tage lang die verschiedensten Aufgaben aus dem Bereich der Baudigitalisierung bewältigt. Wesentliche Inhalte des Wettbewerbs sind das Interpretieren eines Kundenauftrages, das Modellieren und die Koordination von Modellen, modellbasiertes Kosten und Zeitmanagement sowie digitales Baustellenmanagement in Theorie und Praxis. Der Wettbewerb wurde entwickelt, um die praktischen Fähigkeiten zur Verbesserung des Prozesses der Bereitstellung und des Betriebs der gebauten Umwelt widerzuspiegeln. Bei der Erarbeitung des geforderten Modells müssen die Teilnehmer*innen ausgehend von den Vorlagen und Architektur- bzw. Tragwerksmodelle bis zur 5D-Anwendung erstellen, die BIM-Standards der EN ISO 19650-1 und 19650-2 vollständig verstehen und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in verschiedenen Situationen praktisch anwenden können.

 

Skill 42 Digital Construction Wettbewerb

Digital Construction oder Building Information Modeling (BIM) ist ein Prozess zur Erstellung und Verwaltung von Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojekts. Eines der wichtigsten Ergebnisse ist das digitale Bauwerksinformationsmodell, das digitale Abbild des Bauwerks, der digital twin.  Das digitale Modell basiert auf Daten, die von allen beteiligten Projektteams zusammen erarbeitet und koordiniert werden. Die Erstellung eines digitalen Gebäudeinformationsmodells ermöglicht allen, die mit dem Gebäude interagieren, ihre Handlungen zu optimieren, was insgesamt zu einem besseren Lebenszykluswert der Anlage führt. 

 

In der neuen Ära des digitalen Bauens setzt die Planungs- und Baubranche auf neue Softwaretechnologien, welche unter dem Begriff BIM zusammengefasst werden. Infolgedessen werden sich die bestehenden Prozesse in der Planungs- und Bauindustrie verändern. Dies bedeutet aber auch, dass bestehende Berufsbilder vor neue Herausforderungen und neue Arbeitsabläufe gestellt werden und neue Fähigkeiten erfordern. Neue "Rollen" in der Branche entstehen, wie zum Beispiel BIM-Manager, BIM-Koordinator oder BIM-Modellierer.

 

Die offene Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil für den Erfolg eines BIM-basierten Projekts. Digital Construction erfordert ein hohes Maß an menschlicher Kompetenz in Form von Kommunikation, Kollaboration und Proaktivität. Die neuen Prozesse bieten eine Bühne für Architekten*innen, Ingenieure*innen und Bauunternehmer*innen, um zusammenzuarbeiten und ihre gemeinsame Leistung zur Erreichung des Projektziels zu verbessern. Dies erfordert das komplexe Zusammenspiel von technischen Fähigkeiten, sowie Modellierungs- und Kommunikationsfähigkeiten, welche alle einem professionellen Standard entsprechen müssen.

Fachkräftemangel durch Förderung von Nachwuchstalenten bekämpfen

EuroSkills hilft jungen Menschen, hochwertige Fachkenntnisse und -fähigkeiten zu entwickeln. Dieses Ziel soll dem Personalmangel entgegenwirken, welches heutzutage sehr viele Branchen vor Problemen stellt. Aufgrund der alternden erwerbstätigen Bevölkerung, der fortschreitenden Automatisierung und den zunehmenden Einkommensunterschieden zeigt der Trend bei den Beschäftigungszahlen bereits seit Jahren nach unten. Um den Bedarf der nächsten Generationen gerecht zu werden, müssen bis 2030 mehr als eine Milliarde Fachkräfte ausgebildet werden.  

 

Vor diesem Hintergrund bietet EuroSkills eine erstklassige Gelegenheit zur Rekrutierung talentierter Arbeitskräfte. Gleichzeitig bietet dieses als ein Netzwerk für Institutionen aus Mitgliedsländern eine besondere Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und voneinander zu lernen.  

Unter dem Schirm des Bundesverbands digital construction e.V und WorldSkills Germany finden hierzu Landes- und deutsche Meisterschaften statt. 

 

Die Digitalisierung im Bauwesen fordert ein Weiterdenken in der Ausbildung 

„Unser Anliegen ist es, die Teilnehmenden auf die Herausforderung der Digitalisierung im Bauwesen, auf den verantwortungsvollen Umgang mit der digitalen Transformation und auf die sich verändernden Rollen der Akteur*innen am Bau vorzubereiten“, erklärt Dill Khan, Bundestrainer in der Wettkampfdisziplin und BIM Consultant. „Der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) prägt seit Jahren die Wirtschaft. Deshalb haben wir auch soziale, gesellschaftliche und ökologische Themen in Bezug auf die Digitalisierung im Bauwesen diskutiert, um den Horizont der Teilnehmenden über die Anwendung von Programmen hinaus zu erweitern.“ Dabei wurde auch die Weiterentwicklung von CSR zu Corporate Digital Responsibility (CDR) verdeutlicht, um den Teilnehmenden ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, dass eine stetige Weiterbildung aufgrund sich schnell verändernder Berufsbilder, der verantwortungsvolle Umgang mit KI und der Klimawandel samt Reduktion des CO₂-Ausstoßes notwendig sind. „Die Bauindustrie gilt als ein Motor der deutschen Volkswirtschaft und damit das so bleibt, muss sich auch die junge Generation all den genannten Herausforderungen stellen“, betonte Dill Khan. 

 

Die ersten Konzepte des Building Information Modeling (BIM) wurden in den 1970ern veröffentlicht. Dies ist eine modellbasierte Arbeitsmethode, die sich die Innovationen des digitalen Zeitalters zunutze macht. In den 90er-Jahren hat das Computer Aided Design (CAD) die technischen Handzeichnungen mit Tuschestift dann in kürzester Zeit ersetzt.

 

 Heute führen die künstliche Intelligenz, das generative Design, das parametrische Entwerfen und das digitale Konstruieren zu grundlegenden Veränderungen der Planungsprozesse und Planungsschnittstellen. Prozessketten vom Entwurf über die Ausführung bis zur Nutzung oder gar dem Rückbau eines Gebäudes ändern sich. Die digitale Transformation des Bauwesens beeinflusst aber auch die Rollen von Bauherr*innen, Planer*innen, Architekt*innen, Ingenieur*innen, Statiker*innen und Gutachter*innen sowie die Gebäudeautomation und technische Gebäudeausstattung (z. B. Heizung, Kältetechnik, Sanitär, Lüftung, Licht) an sich. 

 

"Mit dem Belegen des zweiten Platzes bei den Europameisterschaften haben wir bewiesen, dass wir im Bereich digital construction europaweit vorne mitmischen können. Vieles ändert sich in der Aus- und Weiterbildung durch die Digitalisierung. Die Berufsschulen, die Hochschulen und die Universitäten stehen in der Pflicht, auf diese Veränderungen vorausschauend durch das Entwickeln neuer Denkweisen in der beruflichen und akademischen Bildung zu antworten, um die Konkurrenzfähigkeit der Jugend zu gewährleisten“, fordert Dill Khan. „Hierfür müssen die junge und die alte Generation der Lehrenden Hand in Hand arbeiten. Wir müssen reden, ausprobieren und uns vorurteilsfrei den digitalen Themen annehmen.“